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Aachener Zeitung: Wie Angela Merkel regiert und es laufen lässt - 60 und rätselhaft!

Datum: Donnerstag, der 17. Juli 2014 @ 23:28:38 Thema: Deutsche Politik Infos

Aachen (ots) - Soweit hat sie es gebracht: Lange regieren, ohne dass die Regierten ihrer überdrüssig sind.

Als Sphinx zu gelten, als Rätselhafte, von der niemand weiß, was und wohin sie will.

Den meisten Amtsträgern würde das schaden - ihr nicht.

Natürlich will das Volk erfahren, wie Probleme gelöst und Entscheidungen getroffen werden, aber in Zeiten des Merkelianismus reicht es offensichtlich aus, zu wissen, dass die Kanzlerin sich um die Sache kümmert und keine Unruhe entsteht.

Sogar die berühmte Raute passt ins Bild: Gleichmut, Gleichmaß, Ruhe.

Einerseits ist ihr zuzutrauen, dass sie dieses Handspiel kühl kalkulierend einsetzt, andererseits ist kaum vorstellbar, dass diese Frau ernsthafte Gedanken an solche Kinkerlitzchen verschwendet.

So oder sö Es wird wohl doch keine zufällige Inszenierung sein, denn dazu sind die einzelnen Elemente der Gesamtvorstellung zu perfekt aufeinander abgestimmt.

Was sie nicht mag:

Ab in die Kabine zum WM-Team, aber bitte keine übertriebene Kumpelhaftigkeit, schön mitfreuen, aber auch ein wenig fremdeln, Nähe demonstrieren, aber Distanz wahren.

Das gilt im Stadion - mehr noch bei der Hautevolee. Mit Stars, Sternchen und Sektglas bei Glitzer-Glitzer und Bling-Bling - etliche von Merkels politischen Kollegen können nicht oft genug dabei sein.

Mit ihr verbindet das niemand. Es passt nicht zu ihr. Sie mag es nicht, und das mögen die Leute.

Dass Angela Merkel bei ihrer Doktorarbeit geschummelt oder einen Skandal verursacht haben könnte - undenkbar.

Demoskopen und Journalisten, politische Partner und Gegner werden nicht schlau aus ihr, und das steigert zusätzlich ihr Renommee.

Sie lässt Debatten laufen, Feuer schwelen, und die Leute haben den Eindruck, sie passe auf, dass nichts passiert, nichts anbrennt.

Wie sie Körner streut:

Als Kanzlerin kann sie immer noch gucken wie ein kleines Mädchen, verlegen lächeln, linkisch gestikulieren. Darüber mokiert sich - schon im eigenen Interesse - längst niemand mehr. Sie hat es sich nicht abgewöhnt, weil es zu ihr passt und sogar Teil ihres Profils ist - das Profil einer Mächtigen, di

e sich nicht verbiegen, telegenisieren und schon gar nicht stylen lässt. Sie hat vor Jahren an einer entscheidenden Wegmarke ihres politischen Lebens das Outfit ein wenig verändert. Das war's.

Schließlich hat sie es sogar geschafft, dass darüber spekuliert wird, aus welchen Gründen sie eine bestimmte Farbenfolge an ihrer Halskette gewählt hat.

Was will eine politisch beherrschende Frau mehr? Es gibt genug Protagonisten auf höchster politischer Ebene, die begierig wären, auf solche oder ähnliche private Angelegenheiten angesprochen zu werden, um es bedeutungsschwer zu erläutern.

Sie schweigt, lässt rätseln und steigert so die Wirkung. Sie streut ein paar Körner beiläufig hin, und die werden begierig aufgepickt.

Wann sie mutig war

Die Kanzlerin mit der Raute signalisiert immer und überall Interesse und Aufmerksamkeit.

Sie tritt selbstbewusst auf, aber ohne das Dominanzgehabe ihrer beiden Amtsvorgänger. Sie ist kein Typ für starke Worte und harte Schläge auf die Tischkante.

Markiges Auftrumpfen, große Gesten, laute Töne - all das liegt ihr nicht. Und es ist ganz offensichtlich, dass genau das im Volk geschätzt wird. Es besteht ganz augenscheinlich kein Bedarf an tollen Kerlen.

Ihren beiden Vorgängern hat sie Entscheidendes zu verdanken.

Kohls Unfähigkeit, rechtzeitig abzutreten, und die Selbstgefälligkeit, mit der er seine Partei und sich selbst ins Verderben zog, erleichterten ihr den klaren Schnitt, den sie für nötig hielt, um die CDU zu reformieren und modernisieren.

Damals vor knapp 15 Jahren erkannten auch die Konservativen in der CDU dieses Erfordernis. Und jene Riege schneidiger Herren, die Kohl beerben wollten, hatte nicht den Mut, es anzupacken, sondern nur eine große Klappe.

Merkel sollte nach der desaströsen Spendenaffäre die Drecksarbeit machen und aufräumen; danach sollte sie wieder abgeräumt werden.

Wem sie dankbar ist:

Es kam anders. Merkel hat schnell gelernt, männliche Machtspiele zu durchschauen und zu durchkreuzen.

Sie ist geschickt und nicht aufgeregt, sie ist nicht vom Testosteron, sondern von Vernunft gesteuert. Sie beherrscht die Balance zwischen Nachgeben und Durchstarten, was Schröder nicht vermochte.

Dessen Reformagenda 2010 hat ihn die Kanzlerschaft gekostet und ihr eine stabile Grundlage für politische Erfolge geboten. Sie weiß es und ist dem SPD-Kanzler dankbar dafür.

Heute zum 60. Geburtstag wird orakelt, ob sie aufhört, wann sie geht, ob es weise oder schlimm wäre, 2016 freiwillig aus dem Amt zu scheiden, was sie sonst machen könnte, wollte, sollte, was aus ihrer CDU würde ohne sie, was die SPD könnte ohne sie.

Sie steht daneben, schweigt, lächelt und denkt sich: Macht mal weiter so!

Kommentar von Peter Pappert

Pressekontakt:

Aachener Zeitung
Redaktion Aachener Zeitung
Telefon: 0241 5101-389
az-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de

Zitiert aus http://www.presseportal.de/pm/61649/2785978/aachener-zeitung-60-und-raetselhaft-wie-angela-merkel-regiert-und-es-laufen-laesst-kommentar-von von Harald Hildebrandt, Autor siehe obiger Artikel.


Aachen (ots) - Soweit hat sie es gebracht: Lange regieren, ohne dass die Regierten ihrer überdrüssig sind.

Als Sphinx zu gelten, als Rätselhafte, von der niemand weiß, was und wohin sie will.

Den meisten Amtsträgern würde das schaden - ihr nicht.

Natürlich will das Volk erfahren, wie Probleme gelöst und Entscheidungen getroffen werden, aber in Zeiten des Merkelianismus reicht es offensichtlich aus, zu wissen, dass die Kanzlerin sich um die Sache kümmert und keine Unruhe entsteht.

Sogar die berühmte Raute passt ins Bild: Gleichmut, Gleichmaß, Ruhe.

Einerseits ist ihr zuzutrauen, dass sie dieses Handspiel kühl kalkulierend einsetzt, andererseits ist kaum vorstellbar, dass diese Frau ernsthafte Gedanken an solche Kinkerlitzchen verschwendet.

So oder sö Es wird wohl doch keine zufällige Inszenierung sein, denn dazu sind die einzelnen Elemente der Gesamtvorstellung zu perfekt aufeinander abgestimmt.

Was sie nicht mag:

Ab in die Kabine zum WM-Team, aber bitte keine übertriebene Kumpelhaftigkeit, schön mitfreuen, aber auch ein wenig fremdeln, Nähe demonstrieren, aber Distanz wahren.

Das gilt im Stadion - mehr noch bei der Hautevolee. Mit Stars, Sternchen und Sektglas bei Glitzer-Glitzer und Bling-Bling - etliche von Merkels politischen Kollegen können nicht oft genug dabei sein.

Mit ihr verbindet das niemand. Es passt nicht zu ihr. Sie mag es nicht, und das mögen die Leute.

Dass Angela Merkel bei ihrer Doktorarbeit geschummelt oder einen Skandal verursacht haben könnte - undenkbar.

Demoskopen und Journalisten, politische Partner und Gegner werden nicht schlau aus ihr, und das steigert zusätzlich ihr Renommee.

Sie lässt Debatten laufen, Feuer schwelen, und die Leute haben den Eindruck, sie passe auf, dass nichts passiert, nichts anbrennt.

Wie sie Körner streut:

Als Kanzlerin kann sie immer noch gucken wie ein kleines Mädchen, verlegen lächeln, linkisch gestikulieren. Darüber mokiert sich - schon im eigenen Interesse - längst niemand mehr. Sie hat es sich nicht abgewöhnt, weil es zu ihr passt und sogar Teil ihres Profils ist - das Profil einer Mächtigen, di

e sich nicht verbiegen, telegenisieren und schon gar nicht stylen lässt. Sie hat vor Jahren an einer entscheidenden Wegmarke ihres politischen Lebens das Outfit ein wenig verändert. Das war's.

Schließlich hat sie es sogar geschafft, dass darüber spekuliert wird, aus welchen Gründen sie eine bestimmte Farbenfolge an ihrer Halskette gewählt hat.

Was will eine politisch beherrschende Frau mehr? Es gibt genug Protagonisten auf höchster politischer Ebene, die begierig wären, auf solche oder ähnliche private Angelegenheiten angesprochen zu werden, um es bedeutungsschwer zu erläutern.

Sie schweigt, lässt rätseln und steigert so die Wirkung. Sie streut ein paar Körner beiläufig hin, und die werden begierig aufgepickt.

Wann sie mutig war

Die Kanzlerin mit der Raute signalisiert immer und überall Interesse und Aufmerksamkeit.

Sie tritt selbstbewusst auf, aber ohne das Dominanzgehabe ihrer beiden Amtsvorgänger. Sie ist kein Typ für starke Worte und harte Schläge auf die Tischkante.

Markiges Auftrumpfen, große Gesten, laute Töne - all das liegt ihr nicht. Und es ist ganz offensichtlich, dass genau das im Volk geschätzt wird. Es besteht ganz augenscheinlich kein Bedarf an tollen Kerlen.

Ihren beiden Vorgängern hat sie Entscheidendes zu verdanken.

Kohls Unfähigkeit, rechtzeitig abzutreten, und die Selbstgefälligkeit, mit der er seine Partei und sich selbst ins Verderben zog, erleichterten ihr den klaren Schnitt, den sie für nötig hielt, um die CDU zu reformieren und modernisieren.

Damals vor knapp 15 Jahren erkannten auch die Konservativen in der CDU dieses Erfordernis. Und jene Riege schneidiger Herren, die Kohl beerben wollten, hatte nicht den Mut, es anzupacken, sondern nur eine große Klappe.

Merkel sollte nach der desaströsen Spendenaffäre die Drecksarbeit machen und aufräumen; danach sollte sie wieder abgeräumt werden.

Wem sie dankbar ist:

Es kam anders. Merkel hat schnell gelernt, männliche Machtspiele zu durchschauen und zu durchkreuzen.

Sie ist geschickt und nicht aufgeregt, sie ist nicht vom Testosteron, sondern von Vernunft gesteuert. Sie beherrscht die Balance zwischen Nachgeben und Durchstarten, was Schröder nicht vermochte.

Dessen Reformagenda 2010 hat ihn die Kanzlerschaft gekostet und ihr eine stabile Grundlage für politische Erfolge geboten. Sie weiß es und ist dem SPD-Kanzler dankbar dafür.

Heute zum 60. Geburtstag wird orakelt, ob sie aufhört, wann sie geht, ob es weise oder schlimm wäre, 2016 freiwillig aus dem Amt zu scheiden, was sie sonst machen könnte, wollte, sollte, was aus ihrer CDU würde ohne sie, was die SPD könnte ohne sie.

Sie steht daneben, schweigt, lächelt und denkt sich: Macht mal weiter so!

Kommentar von Peter Pappert

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Aachener Zeitung
Redaktion Aachener Zeitung
Telefon: 0241 5101-389
az-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de

Zitiert aus http://www.presseportal.de/pm/61649/2785978/aachener-zeitung-60-und-raetselhaft-wie-angela-merkel-regiert-und-es-laufen-laesst-kommentar-von von Harald Hildebrandt, Autor siehe obiger Artikel.






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