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Badische Zeitung: Unbequemer Hüter der Privatsphäre / Im Profil: Peter Schaar, der scheidende Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, war oft ein einsamer Mahner!

Datum: Mittwoch, der 11. Dezember 2013 @ 23:36:33 Thema: Deutsche Politik Infos

Freiburg (ots) - Er war bis 1979 Sozialdemokrat und verließ die SPD wegen der Atompolitik.

Danach engagierte sich der 1954 in Berlin geborene Peter Schaar bei den Grünen, deren Hamburger Landesverband er von 1997 bis 2000 führte.

Im Grunde seines Herzens ist der Volkswirt aber immer ein Linksliberaler gewesen und geblieben - einer, der Bürgerrechte und den Schutz der Privatsphäre zu seinem wichtigsten Anliegen macht.

Und das hat der begeisterte Motorradfahrer und St. Pauli-Fan in den vergangenen zehn Jahren pausenlos und an vielen Stellen als der "Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit" - so lautet sein offizieller Titel - getan.

Dabei klingt der Titel viel machtvoller, als es das Amt wirklich ist. Es ist dem Innenministerium angegliedert und hat im Gegensatz zu den Datenschutzstellen der Länder keinerlei Durchgriffs- oder Sanktionsmöglichkeiten.

Der Datenschutzbeauftragte des Bundes kann also nur durch seine Person wirken. Diesem Anspruch ist Schaar fraglos gerecht geworden.

Gleichwohl rät er der künftigen Bundesregierung, das Amt unabhängig zu machen und ihm den Einfluss zu geben, den beispielsweise der Bundesrechnungshof bei der Kontrolle staatlicher Ausgaben ausübt.

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag findet sich dazu allerdings kein Wort. Und wer Schaar nachfolgt, wenn er am 17. Dezember aus dem Amt scheidet, ist offen.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) war nicht bereit, Schaar so lange auf seinem Posten zu belassen, bis Berlin einen neuen Beauftragten ernannt hat.

Das darf man getrost als Retourkutsche für die offene Kritik werten, die Schaar immer wieder und zuletzt in Sachen NSA-Affäre an der Bundesregierung übte.

Noch vor wenigen Tagen zeigte er sich enttäuscht, dass die Regierung wochenlang seinen Fragen zur Aufklärung der Affäre auswich: "Man hatte vor den Wahlen versucht, den Deckel drauf zu machen und da passte diese unangenehme Fragerei nicht so recht rein."

Trotzdem scheidet Schaar, der 2003 auf Vorschlag der Grünen berufen worden war, ohne Groll aus dem Amt. Er sieht es beispielsweise als seinen Erfolg an, bei den neuen Personalausweisen die Erfassung von Fingerabdrücken verhindert zu haben. Und die dort erfassten biometrischen Daten landen auf seinen Druck hin nicht in externen Datenbanken.

Aber mangels unmittelbarer Kompetenzen lässt sich seine Arbeit nicht an konkreten Beschlüssen oder Entscheidungen messen.

Wie der Patienten-, Behinderten- oder Drogenbeauftragte der Regierung wirkt eben auch der Datenschutzbeauftragte auf andere Weise: durch Information, Aufklärung, Gespräche mit Bürgern und Politikern.

Es kann ja nicht schaden, dass sein Haus den Bundestagsabgeordneten auf 17 Seiten Auskünfte und Ratschläge zukommen ließ, als sie im November erstmals über die NSA-Affäre berieten.

Nun gibt es neben dem Staat auch die private Wirtschaft, sprich: das Geschäftsmodell von Facebook, Google & Co., im Austausch gegen private Daten kostenlose Dienstleistungen anzubieten.

Dass viele Bürger leichtfertig mit ihren Daten umgehen, hat Schaar immer wieder beklagt. Die Informationstechnik und die Innovationen schritten viel rascher voran, als die Gesellschaft lerne, damit umzugehen.

Er meint aber auch, dass gerade die NSA-Affäre allmählich ein Umdenken bewirke.

Wie wichtig größere Vorsicht sei, macht Schaar oft an einem bedenklichen Beispiel deutlich: "Wenn ich mich auf der Facebook-Seite einer Selbsthilfegruppe nach kompetenter Beratung zu einem chronischen Leiden erkundige, dann ist das dort nachzulesen. Für jeden Arbeitgeber, für jeden Krankenversicherer. Und zwar unter meinem Namen."

Und dann sei die Gefahr groß, dass ein Arbeitgeber oder ein Versicherer daraus den Schluss zöge, dass der Betreffende krank sei - ein Schluss, der aber keineswegs zutreffend sein müsse. Denn niemand wisse ja, warum jemand die Seite einer Selbsthilfegruppe angeklickt habe.

"Unverzagt für den Datenschutz einzutreten", lautet denn auch Schaars Rat an seinen Nachfolger: "Auch wenn es schwierig ist, kommt es weiter darauf an, diejenigen, die unverhältnismäßig viele Daten sammeln, in die Schranken zu weisen - sei es die Privatwirtschaft oder der Staat".

Pressekontakt:

Badische Zeitung
Bernhard Walker
Telefon: 0761/496-0
redaktion@badische-zeitung.de

Zitiert aus http://www.presseportal.de/pm/59333/2619421/badische-zeitung-unbequemer-hueter-der-privatsphaere-im-profil-peter-schaar-der-scheidende von Harald Hildebrandt, Autor siehe obiger Artikel.


Freiburg (ots) - Er war bis 1979 Sozialdemokrat und verließ die SPD wegen der Atompolitik.

Danach engagierte sich der 1954 in Berlin geborene Peter Schaar bei den Grünen, deren Hamburger Landesverband er von 1997 bis 2000 führte.

Im Grunde seines Herzens ist der Volkswirt aber immer ein Linksliberaler gewesen und geblieben - einer, der Bürgerrechte und den Schutz der Privatsphäre zu seinem wichtigsten Anliegen macht.

Und das hat der begeisterte Motorradfahrer und St. Pauli-Fan in den vergangenen zehn Jahren pausenlos und an vielen Stellen als der "Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit" - so lautet sein offizieller Titel - getan.

Dabei klingt der Titel viel machtvoller, als es das Amt wirklich ist. Es ist dem Innenministerium angegliedert und hat im Gegensatz zu den Datenschutzstellen der Länder keinerlei Durchgriffs- oder Sanktionsmöglichkeiten.

Der Datenschutzbeauftragte des Bundes kann also nur durch seine Person wirken. Diesem Anspruch ist Schaar fraglos gerecht geworden.

Gleichwohl rät er der künftigen Bundesregierung, das Amt unabhängig zu machen und ihm den Einfluss zu geben, den beispielsweise der Bundesrechnungshof bei der Kontrolle staatlicher Ausgaben ausübt.

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag findet sich dazu allerdings kein Wort. Und wer Schaar nachfolgt, wenn er am 17. Dezember aus dem Amt scheidet, ist offen.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) war nicht bereit, Schaar so lange auf seinem Posten zu belassen, bis Berlin einen neuen Beauftragten ernannt hat.

Das darf man getrost als Retourkutsche für die offene Kritik werten, die Schaar immer wieder und zuletzt in Sachen NSA-Affäre an der Bundesregierung übte.

Noch vor wenigen Tagen zeigte er sich enttäuscht, dass die Regierung wochenlang seinen Fragen zur Aufklärung der Affäre auswich: "Man hatte vor den Wahlen versucht, den Deckel drauf zu machen und da passte diese unangenehme Fragerei nicht so recht rein."

Trotzdem scheidet Schaar, der 2003 auf Vorschlag der Grünen berufen worden war, ohne Groll aus dem Amt. Er sieht es beispielsweise als seinen Erfolg an, bei den neuen Personalausweisen die Erfassung von Fingerabdrücken verhindert zu haben. Und die dort erfassten biometrischen Daten landen auf seinen Druck hin nicht in externen Datenbanken.

Aber mangels unmittelbarer Kompetenzen lässt sich seine Arbeit nicht an konkreten Beschlüssen oder Entscheidungen messen.

Wie der Patienten-, Behinderten- oder Drogenbeauftragte der Regierung wirkt eben auch der Datenschutzbeauftragte auf andere Weise: durch Information, Aufklärung, Gespräche mit Bürgern und Politikern.

Es kann ja nicht schaden, dass sein Haus den Bundestagsabgeordneten auf 17 Seiten Auskünfte und Ratschläge zukommen ließ, als sie im November erstmals über die NSA-Affäre berieten.

Nun gibt es neben dem Staat auch die private Wirtschaft, sprich: das Geschäftsmodell von Facebook, Google & Co., im Austausch gegen private Daten kostenlose Dienstleistungen anzubieten.

Dass viele Bürger leichtfertig mit ihren Daten umgehen, hat Schaar immer wieder beklagt. Die Informationstechnik und die Innovationen schritten viel rascher voran, als die Gesellschaft lerne, damit umzugehen.

Er meint aber auch, dass gerade die NSA-Affäre allmählich ein Umdenken bewirke.

Wie wichtig größere Vorsicht sei, macht Schaar oft an einem bedenklichen Beispiel deutlich: "Wenn ich mich auf der Facebook-Seite einer Selbsthilfegruppe nach kompetenter Beratung zu einem chronischen Leiden erkundige, dann ist das dort nachzulesen. Für jeden Arbeitgeber, für jeden Krankenversicherer. Und zwar unter meinem Namen."

Und dann sei die Gefahr groß, dass ein Arbeitgeber oder ein Versicherer daraus den Schluss zöge, dass der Betreffende krank sei - ein Schluss, der aber keineswegs zutreffend sein müsse. Denn niemand wisse ja, warum jemand die Seite einer Selbsthilfegruppe angeklickt habe.

"Unverzagt für den Datenschutz einzutreten", lautet denn auch Schaars Rat an seinen Nachfolger: "Auch wenn es schwierig ist, kommt es weiter darauf an, diejenigen, die unverhältnismäßig viele Daten sammeln, in die Schranken zu weisen - sei es die Privatwirtschaft oder der Staat".

Pressekontakt:

Badische Zeitung
Bernhard Walker
Telefon: 0761/496-0
redaktion@badische-zeitung.de

Zitiert aus http://www.presseportal.de/pm/59333/2619421/badische-zeitung-unbequemer-hueter-der-privatsphaere-im-profil-peter-schaar-der-scheidende von Harald Hildebrandt, Autor siehe obiger Artikel.






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